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Kirchtagsablauf
Ablauf und Schwerpunkte des Kirchtags
von
Leopold Salcher
 
Der Kirchtag beginnt am Samstag um Punkt 14 Uhr mit dem Feierabend-Läuten und endet in der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch mit dem "Kirchtag-Begraben". Die Gesamtorganisation ist keine leichte Aufgabe, daher gilt den Zechburschen für ihren sehr wichtigen Beitrag zur Brauchtumserhaltung und Traditionspflege Dank und Anerkennung.
 
Kirchtag-Andingen
Genau vier Wochen vor dem Kirchtag sitzen die Tröpolacher Burschen und Mädchen im GH Durnthaler zusammen und wählen aus ihrem Kreis die beiden Zechmeister und den Kassier. Danach werden die organisatorischen Dinge des Kirchtags besprochen und die Arbeiten eingeteilt. Willkommener Abschluß war und ist der daran anschließende Besuch des Watschiger Kirchtags, der genau mit diesem Termin zusammenfällt. Dabei ging und geht es hoch her, die älteren Watschiger (und natürlich auch die älteren Tröpolacher) wüßten da sicherlich einiges zu erzählen.
 
Kircht-Samstag
Um Punkt 14 Uhr - wenn die Kirchenglocke zum Feierabend-Läuten anklingt - detoniert der erste Böller. Sein Schall und das Echo ist im gesamten mittleren Gailtal zu hören und kündet hörbar allen: in Tröpolach ist Kirchtag. Die Zechburschen treffen sich am Böllerfeier nahe der Volksschule. Hier standen seinerzeit, als es die Veranstaltungsstätte noch nicht gab, die vier Böllersteine. Das war der Platz, wo die damaligen, sehr gefährlichen Eisenböller eigenhändig gestopft und gezündet wurden. Einer der treuesten und langjährigen Schussmeister war der vor einigen Jahren verstorbene Roman Dobrosek. Er sorgte durch Jahrzehnte für Sicherheit am Böllerplatz. Vor seiner Zeit war Mut zum Risiko gefragt: vielen ist noch in Erinnerung, wie damalige Burschen sich zu den Böllern legten und mit der Zigarette oder Streichhölzern die Böller zündeten. Gottlob kam es in all diesen Jahren zu keinen nennenswerten Unfällen. Am Kirchtag-Samstag geht das Feiern in den Gasthäusern schon los.
 
 
Schussmeister Roman Dobrosek und sein treuer
Helfer "Gabi" Schnaba - 1965
 
erster Böllerschuss um 14.00 Uhr
 
Kircht-Sonntag
Höhepunkt ist der Festgottesdienst in der Pfarrkirche. Anschließend trifft sich die Dorfbevölkerung und die Kirchtagsgäste am Kirchplatz, es wird gesungen und musiziert. Burschen und Mädchen scharen sich rund um den "Burschenstein", der neben dem Kirchplatz steht. Es ist eine grob fundamentierte, mächtige Steinplatte. In einer geschichtlichen Abhandlung der Uni Wien, in der österreichweit mehrere ähnliche Denkmäler beschrieben werden, wird konkret dieser Stein als keltische - also heidnische - Opferstelle bezeichnet. Diese Platte dürfte damit mit Sicherheit das älteste in Tröpolach stehende und von Menschenhand bearbeitete Relikt sein. Rund um diesen Burschenstein wird gestanden und gesungen, Wein ausgeschenkt und musiziert. Im Anschluß daran ziehen die Zechburschen mit der örtlichen TKP Wulfenia - die in den letzten Jahrzehnten aktiv am Kirchtag mitmacht und deren Mitglieder die Burschen beim Singen kräftig unterstützen - zum GH Pizzastadl-Wassertheurer, Fillipitsch, Durnthaler, Kapp und zur Salve, wo den Wirtsleuten gesanglich und musikalisch ein Ständchen dargebracht wird. Als Dank wird jedem Bursch, jedem Mädchen und Musiker ein Glas Wein angeboten. Ziel ist dann das Festzelt auf der VA-Stätte, wo kurz konzertiert wird. Danach lockt das Mittagessen. Früher war es Brauch, Kirchtagsgäste - zumeist Verwandte - aus anderen Ortschaften und sogar Tälern zum Kirchtagessen einzuladen. Solch üppige Mahlzeiten gab es im Jahreslauf wenige. Der Kirchtag war daher ein schöner Anlaß zu Familientreffen und zu gemeinsamen Schöps-Essen (Schafsbraten). Natürlich gab es dann die Rückeinladungen zu den andern Kirchtagen. In Zeiten wie diesen legen cholesteringeplagte Menschen auf diese Festessen weit weniger Wert. Um 13.30 oder 14 Uhr ist in der Pfarrkirche eine Segenandacht angesetzt, danach ist wiederum der Kirchplatz allgemeiner Treffpunkt. Dann geht?s gemeinsam mit der Musik ab ins Festzelt. Ab 16 Uhr spielt die erste Tanzkapelle, sie wird um etwa 20 Uhr von der nächsten abgelöst.
 
 
Zechburschen und -mädchen versammeln sich beim
Burschenstein vor der Kirche. Historiker behaupten,
dass es sich dabei um einen keltischen Opferstein handelt.
 
Kircht-Montag
Dieser Tag ist in Tröpolach ein Feiertag. Es gehört zur Tradition, daß sich auch die "Verheirateten" diesen Tag frei nehmen und mitfeiern. Niemand weiß, warum das so ist. Eine Erklärung liefert für den Verfasser dieser Zeilen der Bericht Paolo Santoninos. Er schreibt nämlich ausdrücklich, daß während des Aufenthaltes in Tröpolach ein Teil der bischöflichen Reisegesellschaft durch eine Verkühlung an Durchfall und Kolik litt. Bei diesen dürfte sich der Appetit in Grenzen gehalten haben. Deshalb wird wohl ein erklecklicher Teil des vorbereiteten Festmahles in der Küche des Pfarrhofes verblieben sein. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß die Tröpolacher am Tag nach der Bischofsvisite, also am Montag, ein wenig nachgefeiert und sich die köstlichen Speisen und Getränke nur zu gerne einverleibt haben. Es war für sie ein Fest. Ja vielmehr, eines der größten Feste in ihrem Leben. Diese Erklärung mag für manche zu profan lauten, doch ist das Gegenteil nicht beweisbar. Denn keiner der damaligen Dorfbewohner - auch die Ältesten nicht - hatten jemals zuvor einen Bischof gesehen. Sieben Jahre nach den Türkeneinfällen dürfte das Leben der Menschen zweifellos nicht leicht gewesen sein. Vielleicht liegt in dieser Erklärung die besondere Bedeutung des Nachkirchtages.

Doch zurück zur Realtität: An diesem Montag kommen die Zechburschen und mit ihnen die Ortsbewohner um 9 Uhr zum feierlichen Burschenamt in die Kirche. Danach trifft sich alles wieder am Kirchplatz. Alt und Jung stehen zusammen und singen die alten Kirchtags- und Kärntnerlieder, die man so gut wie nirgends mehr im Gailtal zu hören bekommt. Nämlich typisch kärntnerisch "wild" gesungen. Die TKP "Wulfenia" spielt zwischendurch einige Märsche und Polkas. Ein Sänger stimmt das Lied an (Vorsänger waren oder sind zB Themessl Jakob, Oselitzmüllner Franz, Literer Josef, Allmayer Jakob, Pernul Engelbert, Keili Klaus sen. und jun., Burgstaller Hannes u.a.m). Immer mehr Besucher aus dem Tal kommen am Montagvormittag nach Tröpolach, um sich das anzuhören und anzuschauen. Weit und breit ist ähnliches nicht mehr zu sehen und zu hören.

Es ist genauso Tradition, am Kirchtag-Montag der gefallenen und verstorbenen Zechburschen zu gedenken. Allen, die im jugendlichen Alter verstorben sind oder Opfer der beiden Weltkriege wurden, die nicht mehr heimkehren durften und deren Grabhügel auf den europäischen Schlachtfeldern schon längst vom Wind eingeebnet wurden, gilt dieses Gedenken. Beide Zechmeister legen zu den Klängen des Guten Kameraden am Kriegerdenkmal, das unweit der Pfarrkirche steht, einen Kranz nieder. Und es ist genauso Tradition, daß dann das Grodeck-Lied gesungen wird. Es ist ein trauriges, zu Herzen gehendes Lied. Es erzählt vom Schicksal eines Kärntner Achterjägers, der im 1. Weltkrieg bei Grodeck (heute polnisch-russisches Grenzgebiet) eingesetzt ist, den eine Feindeskugel trifft und der weiß, daß es mit ihm zu Ende geht. Seine letzten Gedanken gelten den Lieben in seiner fernen Heimat. Das Grodeck-Lied wurde von Tröpolacher Achterjägern, die 1914-1915 bei Grodeck gekämpft haben und später an der Plöckenfront eingesetzt waren, mitgebracht. Sie haben dafür gesorgt, daß dieses Lied in die Dorftradition eingepflanzt wurde, wohl als Erinnerung und Warnung an spätere Generationen, nämlich Frieden zu halten und sinnlose kriegerische Aus-einandersetzungen zu vermeiden.
 
Bei Grodeck - Video
 
Bei Grodeck
Bei Grodeck, auf den Höhen,
da stand nach blut?ger Schlacht
bei stillen Abendwehen
ein Schütze auf der Wacht.

Die Wolken ziehen nach Osten,
die Dörfer steh?n im Brand
und sie leuchten durch die Fluren
weit hin in?s Feindesland.

Er ging wohl auf und nieder,
sah an die Totenschaar,
die gestern um die Stunde
noch frisch und rüstig war.

Da drunten bei der Eiche,
da liegt ein Jägersmann
in tiefster Todeswunde,
der arme Mann.

Gib mir Wasser, guter Kamerad,
denn die Kugel traf mich gut,
hier an diesem Waldesrande,
da floß zuerst mein Blut.

Grüß mir mein Weib und Kinder
daheim am stillen Herd,
denn sie harren ihres Vaters,
der ja niemals wiederkehrt.

Grab mich ein beim Eichbaumschatten,
grab mich ein beim Morgenrot,
er sprach?s und schloß die Augen,
der Jäger, der war tot.

Und am nächsten frühen Morgen
grub ihm der Schütz ein Grab,
und gab ihm Wiesenblumen
und Zweige mit ins Grab.

Er machte ihm ein Kreuzelein
und schrieb die Worte drauf:
Hier ruht ein Achterjäger,
bis ihn der Herr weckt auf!
 
Danach ziehen Burschen, Mädchen, die Musik und die verheirateten Männer weiter und kehren traditionsgemäß im GH Fillipitsch ein. Die Männer nehmen im Gastzimmer Platz, sofort werden die alten, wild gesungenen Kärntner- und Kirchtagslieder angestimmt. Die Zechburschen wie die Mädchen sitzen im Speisesaal zusammen. Die Zeche der Männer - Singen macht bekanntlich durstig - müssen die Zechburschen bezahlen. Es ist nicht wenig, das an diesem Vormittag konsumiert wird. Am frühen Nachmittag beginnen die Zechburschen mit dem Absuchen. Früher ging es um?s "Pulvergeld", heute wird dieses Geld eher für die Abdeckung der beträchtlichen Veranstaltungskosten benötigt. Jedes Haus wird aufgesucht, den Erwachsenen ein Glas Wein angeboten und liebend gerne die Geldspende in Empfang genommen. Als Dank spielt die Kirchtags-Musi einen Tusch auf die Hausbewohner. Meist wird es Abend, bis das Absuchen zu Ende geht. Die Männer wiederum verlassen gegen 15 bis 16 Uhr das GH Fillipitsch und streben dem Oberen Dorf zu. Erklärtes Ziel ist der GH Winkler. Dort wird noch eine Zeit gesungen, doch bei so manchem wackeren und eifrigen Sänger lähmt der Alkohol mehr oder weniger die Stimmbänder. Die Stimmung steigt, Unterhaltung und so mancher Schabernack ist angesagt. Im Hinterkopf der Männer macht sich die Erinnerung breit: am Abend ist Tanzunterhaltung, vor allem die Einheimischen wählen lieber den Montag als den Sonntag zum Tanzen. Die Frauen warten daheim auf ihre Männer, um auf das Tanzparkett geführt zu werden. Nicht immer klappt dies, zu schwer war für den einen oder anderen die Last und Liter dieses Tages...
 
Kircht-Dienstag
Dieser Tag ist vornehmlich den Zechburschen vorbehalten. Am Vormittag kommt das Kirchtagstreiben für einige Stunden zur Ruhe. Erst am späteren Nachmittag ist Bewegung angesagt. Da treffen sich die Zechburschen und Mädchen, doch genauso die Bevölkerung, zum Häfenschlagen und Sackspringen auf der "Trattn" nahe des Musikpavillions. Sackspringen ist vor allem eine Sache der Kinder, doch genauso werden die Beine der Mädchen und junger Frauen in den Sack gesteckt. Dabei ist eine kurze Strecke "hüpfend" zurückzulegen. Eine nicht einfa-che Sache, die Zuseher kommen voll auf ihre Rechnung. Das Häfenschlagen wiederum ist ein Brauch, der sich in Tröpolach (wie in Dellach/Gail) erhalten hat und auf die Bergbau-Vergangenheit des Ortes zurückreicht. Dem jeweiligen Häfenschlager wird ein Sack über dem Kopf gestülpt, damit jede Orientierung genommen und eine etwa 2 m lange Holzstange in die Hände gegeben. Ein Ziehharmonika-Spieler führt ihn zu einem etwa 50 Schritte entfernten, auf einem Pfahl aufgelegten Häfen. Kommt der Schläger von der Richtung ab, verstummt die Musik, dreht er sich wieder in die richtige Richtung, spielt die Harmonika wieder. Ist er am Ziel angekommen, dann holt er zum Schlag auf den Häfen aus. Wird der Häfen getroffen, gibt es zur Belohnung einen Böllersalut (mittlerweilen aus der Festschußkanone). Nach dem Häfenschlagen sitzen die Burschen, Mädchen und mit ihnen Verheiratete am Böllerfeuer, das von Samstag bis Dienstagabend nie ausgeht, zusammen. Am späteren Abend gibt es dann ein letztes Kirchtagsmahl. Früher einmal suchten die Burschen jedes Jahr einen anderen Bauern "heim", indem sie den Hühnerstall um einiges Federvieh minimierten. Die Hühner wurden geschlachtet. eigenhändig gerupft und am Böllerfeuer gegrillt. Seit einigen Jahren setzt man hingegegen auf vegetarische Kost. In der über-großen "Frigga-Reine" wird mit fachkundiger Hand Frigga zubereitet. Eine Kost, die nach den harten Tagen des Kirchtagtreibens wieder Kraft für den Alltag, der am Mittwoch unweigerlich einkehrt, gibt. Dabei wird natürlich einiges getrunken und mit einiger Wehmut der Kirchtag zumindest gedanklich "begraben".
 
Kirchtag-Abrechnen
Ein Monat nach dem Kirchtag treffen sich wiederum Zechburschen und Mädchen, um den Kirchtag abzurechnen und "Kassasturz" zu machen. Zumeist ist das im GH Durnthaler. Es wird Bilanz gelegt und die finanzielle Seite des Kirchtages durchbesprochen. Nicht immer kann mit einem Guthaben abgeschlossen werden, einigemale mußten die Zechburschen zu ihrem Zechgeld noch einige Scheine drauflegen, um die Passiva abdecken zu können. In der Regel geht sich aber ein leichtes Plus aus. Mit diesem Geld wird in gewissen Zeitabständen ein Burschenschaftsausflug organisiert, immer wieder tritt die Burschenschaft auch als Sponsor für dörfliche und kirchliche Projekte in Erscheinung.
 
zum Nachdenken...
Ist der Tröpolacher Kirchtag vorbei, dauert es nicht mehr lange und das Jahr neigt sich seinem Ende zu. Es ist der Lauf der Zeit. Vieles hat sich seit 1485 im Dorf verändert, zahlreiche Generationen sind ins Leben getreten und haben die Welt wieder verlassen. Brauchtum und Tradition rund um den Tröpolacher Kirchtag aber sind im wesentlichen geblieben. Sie sind für die Menschen im Dorf gleichsam Haltegriffe, wichtige Stationen und Anlässe im Ablauf eines Jahres. Da wird die Gemeinschaft betont und ein funktionierendes Miteinander - auch zwischen Jung und Alt und zwischen den Konfessionen - gefördert. Für manche Zeitgenossen mag dies anachronistisch gelten. Ihre Antwort auf die Frage, womit in Zeiten wie diesen oder in Zukunft gewachsenes Brauchtum durch moderne Attribute annähernd gleichwertig ersetzt werden könnte, bleibt aber aus. Alternativen dazu sind mehr als rar. Die Tröpolacher sind mit Recht stolz auf ihr Brauchtum und die Tradition rund um den Kirchtag. Dieses Vermächtnis zu zu erhalten, zu pflegen und an nachkommende Generationen weiterzugeben, ist eine große, wichtige und zweifellos erfüllende Aufgabe.